Nachdenken über den Herold

Ein Artikel über die historische Entwicklung seiner Funktion

Der Herold

Mein Nam´ ist von alters „Ehrenhold“,
mein Amt hierbei vernehmen sollt.
Äneas Sylvius beschreibt
Nach der Lang´, wie sind eingeleibt
Vor vielen Jhren die Ehrenholden,
dass sie Fürsten und Herren sollten
besuchen durch all´ ihre Grenz.
Den´ soll man dann mit Reverenz
Schenk, Kleinod und Hofkleid geben,
sie befesting, herrlich z´leben,
sie sicher g´leiten und verteiding,
hart straffen, wer sie tät´ beleiding.
Hans Guldenmundt (um 1550)

Im Bürgerschützen 1999 beginnt

Das Rätsel im Iserlohner Wappen
„Eine Studie von Ernst Dossmann“

mit folgendem Satz:

„Seit vielen Jahrzehnten reitet unseren Schützen-zügen durch die Stadt Iserlohn zur Alexanderhöhe ein Herold voran mit einer Standarte in der Hand, die ebenso wie sein farbenprächtiger Lederkoller das Wappen unserer alten märkischen Stadt zeigt.“

Das gibt Anlaß dazu, sich mit dem Herold einmal näher zu beschäftigen.

„Der große Brockhaus“ beschreibt den Herold u. a. als einen durch Personen – und Wappenkenntnis qualifizierten Diener von z. B. Fürsten, der besonders bei Turnieren die Funktion eines Schiedsrichters oder etwa eines Zeremonienmeisters ausübte. Außerdem habe er Wappenregister geführt.

Dies ist aber nur eine unzureichende Kurzbeschreibung.

Unsere Vorfahren im Mittelalter führten ein überaus kriegerisches Leben. Die Waffen und Kriegstechnik verfeinerte sich immer mehr. Notwendig wurde eine damit einhergehende stärkere Schutzbewaffnung. Diese bestand insbesondere in einer weiteren Abdeckung des Gesichtes, wodurch der Krieger unkenntlich wurde. Dies hatte wiederum zur Folge, daß er seine Umhüllung mit leicht identifizierbaren Zeichen ausstatten musste.

Jeder Teilnehmer eines Waffenganges, ob kriegerischer oder sportlicher Natur, machte sich daher mit einem Wappen auf Schild, Helm, Banner und Pferdedecke kenntlich. Er war nur dadurch von Anderen zu unterscheiden.

Bereits nach wenigen Jahrzehnten waren die Wappen jedoch so zahlreich geworden, daß es Personen geben mußte, die diese Zeichen zuordnen konnten. Voraussetzung hierfür waren ein gutes Gedächtnis aber auch Vertrauenswürdigkeit, denn eine unwahre Berichterstattung hätte katastrophale Folgen gehabt.

Es bildete sich daher aus der jeweiligen Umgebung der Kriegsherren eine Gruppe von Personen heraus, die diese erforderlichen Eigenschaften und Kenntnisse hatte. Diese Personen, später als Herold bezeichnet, waren Männer, deren soziale Herkunft ohne Bedeutung war, und deren Funktion nur auf den persönlichen Fähigkeiten beruhte.

Der Herold hatte sich in unmittelbarer Nähe seines Herrn aufzuhalten, insbesondere in Kriegszeiten mußte er bei Tag und Nacht zur Verfügung stehen.

Die militärischen Erfordernisse verlangten von den Herolden aber auch eine Lebensweise und ein öffentliches Auftreten, die es ihnen gestattete, als unverletzliche Person die Reihen der Fehde- und Kriegsgegner durchschreiten und deren Lager betreten zu können. Zu seinem Herrn zurückgekehrt, durfte ein Herold über beim Gegner beobachtete Zurüstungen oder etwa einen Hinterhalt kein Wort verlieren; er mußte sogar so tun, als habe er ihn überhaupt nicht wahrgenommen. Immerhin durfte er seinem Herrn aber mit Ratschlägen ohne nähere Begründung nützlich sein.

Die Herolde mußten notwendigerweise von weitem kenntlich sein.

Dazu gehörte eine unverwechselbare Tracht. Sie bestand in einem Wappenrock, wie ihn auch der Herr zu festlichen Gelegenheiten anlegte, jedoch ohne Schwert, Dolch oder Schlagstock, immerhin jedoch über einem Ringelpanzer, wenn die Situation es erforderte.

In der Zeit der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert erschienen bei höfischen Festlichkeiten und Turnieren Personen niederen Standes, die Botendienste verrichteten, den Turniervögten bei ihren Vorbereitungen zu den Kampfspielen halfen, die einreitenden Ritter meldeten, auf Ordnung in den Schranken achteten und schließlich die Sieger und ihre Wappen in ihren Liedern priesen.

Es waren Garzune, Leute aus dem fahrenden Volk, die gegen Ende des 13. Jahrhunderts durch in den Dienst gestellte „Knappen von den Wappen“ abgelöst wurden, denen dann um die Mitte des 14. Jahrhunderts die „eralds“ – Ehrenholde oder Herolde – nachfolgten.

Aufgabe dieser Herolde – die sich in drei Rangstufen gliederten,

in Wappenkönige, Herolde

und deren Gehilfen, den Persevanten

war es die den Turnieren vorangehende Helmschau durchzuführen

die Wappen der Teilnehmer eingehend auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, besonders streng auf die Farbregeln zu achten, unrechtmäßig geführte Wappen zurückzuweisen, die Turnierfähigkeit der zum Kampf Angetretenen zu beurteilen und abschließend einen Bericht über das Turnier abzufassen.

Die Herolde, die zu Beginn von den Spielleuten und anderem fahrenden Volk nicht unterschieden wurden, trugen später einen Herolds- oder Wappenrock, den Tappert, geziert mit dem Wappen des Dienstherren. Sie führten eigene Amtsnamen, abgeleitet von einem Territorium oder einem Emblem der betreffenden Turniergesellschaft.

Die Herolde waren zu einem festen Bestandteil des höfischen Lebens geworden.

Die Aufgabe des Iserlohner Herolds als Anführer der Schützenzüge des IBSV dürfte so zu interpretieren sein, daß er das Schützenvolk zu Turnier (Ausschießen des neuen Schützenkönigs) führt und durch das Tragen des Wappens der Stadt Iserlohn gleichzeitig anzeigt, daß es sich um ein Fest für alle Iserlohner Bürger handelt.

H. – D. Petereit